Stottern

DEFINITION

Das Stottern ist gekennzeichnet durch häufige unfreiwillige Unterbrechungen im Redefluss. Diese Unterbrechungen können hörbare oder stille Wiederholungen,, Dehnungen und Blockaden der artikulatorischen Bewegung sein und betreffen Laute, Silben und Wörter.

Das Sprechen wird in der Regel begleitet und überlagert durch eine Reihe von Bemühungen, diese auffälligen Unterbrechungen zu verhindern, zu verschleiern oder möglichst schnell zu überwinden (Sekundärsymptome). 

Bisher konnten die Ursachen nicht eindeutig bestimmt werden, daher nenne ich im Folgenden nur solche, die für unsere Therapie relevant sind:

  • neuromuskuläre Koordinationsstörung
  • Interferenzen der verschiedenen Rückmeldekanäle bei der Überwachung des Sprechvorgangs (auditive Wahrnehmung, taktil-kinästhetische/ propriozeptive Wahrnehmung)
  • familiäre Disposition
  • familiäre Interaktionen, die das Stottern aufrecht erhalten
  • verminderte Sprachkompetenz, die das Stottern aufrecht erhält


Klonische Laut-, Silben und Wortwiederholungen
Die Wiederholungen erfolgen ohne Anstrengung und werden vom Sprecher nicht immer wahrgenommen. Im Rahmen des Entwicklungsstottern  treten sie oft als einziges Stottersymptom auf ( z. Bsp.: Ma-ma-ma-mama).

Dehnungen
Laute werden unfreiwillig in die Länge gezogen, oft begleitet von Tonhöhen-oder Lautstärkeveränderungen (z.Bsp.: Mmmmmmmmmmmmama).

Tonische Blockierungen
Die Bildung eines Lautes wird an irgendeiner Stelle des Bewegungsablaufes blockiert. Die Blockaden können still oder hörbar sein. ( z. Bsp.: ____________Mama).

Ausgeprägtes Störungsbewusstsein
Der Stotternde leidet unter seinen Schwierigkeiten, entwickelt Sprechangst, Scham, Wut, Depression und fühlt sich in seiner persönlichen Entfaltung eingeschränkt.

Vermeidungsverhalten
Das Bemühen, die Unflüssigkeiten zu verhindern, zu verschleiern oder möglichst schnell zu überwinden, kann sehr individuelle Gestalt annehmen und sich vom anfänglichen bewussten Einsatz  zu einem nicht gesteuerten, automatisierten Teil der Stottersymptomatik entwickeln. Beispiele für Vermeidensstrategien sind der Einsatz von Aufschubsilben (Äh, Also..), der Einschub von zusätzlichen Lauten (nAuto), schnelle Umformulierungen, inspiratorisches Sprechen (Sprechen in der Einatmung).

Mimische und ganzkörperliche Mitbewegungen
Form und Ausprägung der Mitbewegungen sind ebenfalls individuell. Sie sind häufig hochgradig automatisiert und werden vom Stotterer selbst nicht mehr bewusst wahrgenommen.

Ziel
Bei Kindern, die frühzeitig vorgestellt werden, ist es unser Ziel, die Ausbildung einer chronischen Stottersymptomatik zu verhindern, d.h. sie sollen flüssige Sprecher werden.

Wenn bereits ein chronisches Stottern vorliegt, soll die Symptomatik weitestgehend reduziert werden, so dass der Betroffene sich in jeder Situation frei äußern kann und eventuell auftretende Unflüssigkeiten ohne Angst und Anstrengung bewältigen kann.

Inhalte
Je nach Ausprägung der Symptomatik entscheiden wir uns bei Vorschulkindern für einen direkten oder indirekten Therapieansatz. Beim indirekten Vorgehen soll durch die Verbesserung der Ausgangsvoraus-setzungen für Sprechflüssigkeit das Stottern abnehmen: Die Eltern erlernen den Abbau Stottern aufrechterhaltender Faktoren in ihrer Kommunikation und auf psychosozialer Ebene. Das Kind wird in seiner sprachlichen Kompetenz gestärkt, es soll vor allem Sprechfreude behalten und gegen kommunikativen Stress unempfindlicher werden. Wichtig ist hier die Einbeziehung beider Elternteile und anderer ständiger Bezugspersonen.

Das Kind fragt in der Regel nur einmal konkret nach dem Grund für die Therapiemaßnahme und freut sich ab dem zweiten Termin auf eine abwechslungsreiche Spielstunde. Die Befürchtung vieler Eltern, mit dem Aufsuchen einer Logopädin erst das Störungsbewusstsein des Kindes zu wecken, hat sich noch nie bestätigt.

Direkte Therapieansätze sind das Lidcombe-Programm, bei dem flüssiges Sprechen durch Lob stabilisiert wird, und der Non-Avoidance-Ansatz nach Charles van Riper. Dieser Ansatz wurde inzwischen von vielen Experten erprobt und modifiziert und wird in unserer Praxis bei der Behandlung erwachsener Stotterer immer angewandt.

Die Ziele sind dabei der Abbau von Angst vor dem Stottern, der eine aktive Veränderung der Symptomatik erst möglich macht. Begleitsymptome wie Anstrengung, Vermeidung und sekundäre psychische Reaktionen sollen abgebaut werden, so dass letztlich nur noch die Kernsymptomatik erhalten bleibt. Diese soll weitestgehend reduziert und mit einem vorwärtsgerichteten, lockeren Sprechmuster aufgelöst werden. Die absolute Symptomfreiheit halten wir für unrealistisch.

Unser Ziel ist eine weitgehende Reduzierung des Stotterns in Qualität und Quantität. Außerdem soll der Stotternde durch sein Stottern nicht weiter an seiner persönlichen Entwicklung gehindert werden.

Für alle Altergruppen angepasst wird dabei in  folgenden Therapiephasen gearbeitet:

1. Identifikation: Mit Hilfe von Ton- und Videoaufnahmen, therapeutischem Vorbild, Gruppensitzungen, Übungen und Gesprächen soll  der Patient seine Symptomatik kennen und verstehen lernen

 2. Desensibilisierung: Angst vor dem eigenen Stottern und dem Sprechen soll abgebaut werden. Der Patient soll unempfindlicher werden gegenüber kommunikativem Stress (Zeitdruck, Angst vor Zuhörerverlust, Sprechen vor Fremden, Telefonieren.....). Dazu werden auch konfrontative Übungen mit und ohne Begleitung des Therapeuten durchgeführt.

3. Modifikation: Nach den oben beschriebenen Phasen kann die bewusste Steuerung des Sprechablaufes im Falle einer Unflüssigkeit eingeübt werden. Ein eventuell auftretendes Stottern wird dabei ohne Anstrengungsgefühle zum nächsten Laut hin aufgelöst.

4. Stabilisierung: Diese Phase dient der Aufrechterhaltung und Generalisierung des erlernten Sprechverhaltens.

Organisation
Bei kleinen Kindern kann die Behandlung oft erst einmal in einer Diagnostik mit einer anschließenden ausführlichen Elternberatung bestehen. Wenn die Entwicklung eines chronischen Stotterns angenommen wird, erfolgt die Behandlung des Kindes einmal pro Woche mit begleitenden Elternterminen.

Grundsätzlich wird die Behandlung von uns sehr individuell gestaltet. Es gibt die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum einmal wöchentlich zur Therapie zu kommen. Wir bieten aber auch Intervalltherapien mit hoher Frequenz an. Je nach Anmeldungsstand können zusätzliche Gruppentherapien organisiert werden.

Erfahrungsgemäß muss mit einer Gesamtdauer von 60-70 Therapiestunden gerechnet werden.

 

Vereinbaren Sie einen Termin unter 0651-76884 oder nutzen Sie unser Anmeldeformular